Vorsicht, Klamauk-Alarm! Selbst auf der Packung steht: „Dieses Spiel ist selten dämlich. Wer es ernst nimmt, ist selbst schuld!“ Zum Beispiel dieses Blog, das bierernst über das Kartenspiel „Ich habe fertig“ berichtet. Der Verlag erinnert mit dem Titel an die legendäre Wutrede von Giovanni Trapattoni. Also schauen wir mal, ob dieses Spiel ist „wie Flasche leer.“
Schlau ist, dass sich alle Regeln hier binnen zwei Absätzen erklären lassen. Wer an der Reihe ist, zieht eine Karte vom verdeckten Stapel oder spielt eine Handkarte aus. Beim Ausspielen nutzt man die Funktion der Karte – so sie denn eine hat. Meist kommt sie auf den Ablagestapel, einige landen aber auch in unserer persönlichen Auslage. Haben wir dort drei Karten liegen, die nebeneinander die Worte „Ich habe fertig!“ ergeben, haben wir gewonnen. Oder vielleicht auch nicht.
Alle weiteren Regeln oder Verwicklungen entstehen durch die Texte auf den Karten mit den amüsanten Illustrationen. Steht „sofort“ auf der Karte, muss ich sie nach dem Ziehen sofort nutzen. Steht darauf „jederzeit“, darf ich sie auch bei Zügen anderer am Tisch einsetzen. Und schon kann es losgehen! Es gibt von der Regelmenge keinerlei Hemmschwelle – allenfalls durch das gewollte Durcheinander.
Kernfrage ist also frei nach Trapattoni: „Was erlauben Teubner?“ Autor Marco Teubner ist eigentlich als ein vernünftiger Kerl bekannt, aber so etwas wie das hier hat er bislang noch nicht fabriziert. Er zielt damit auf vielleicht verborgene Humorzentren von Vielspielern. Denn die müssen auch ertragen, dass mit dem Material im Interesse des Gewinnens nicht immer pfleglich umgegangen wird.
Die Kartenideen sind schräg bis anarchisch. Es würde die Freude am Entdecken nehmen, wenn ich sie hier alle zeigte oder verriete. Natürlich gibt es weitere Wege, um zu gewinnen. Die sollte man selbst herausfinden, die Überraschung am Tisch ist einfach zu gut. Zumindest einen kleinen Hinweis erlaube ich mir: Man sollte auch mal eine Partie gegen kurz vor halb Zehn abends starten.
„Ich habe fertig“ ist definitiv kein Spiel für jeden. Planer am Tisch packen sich ob des Chaos an den Kopf, um danach herzhaft zu lachen. Sie werden aber, wenn sie alle Karten einmal gesehen haben, kaum wieder mitmachen. Kommunikative Menschen hingegen, die Turbulenzen mögen, kommen hier ebenso voll auf ihre Kosten wie viele, die bislang vielleicht gar nicht spielen. Meine Spielreiznote ist daher ein Kompromiss aus beidem.
„Ich habe fertig“ von Marco Teubner (Pegasus); für 2-5 Spieler ab 8 Jahren, ca. 5-20 Minuten, ca. 15 Euro.
nett Familienspiel
Besprechung mit Rezensionsmuster
„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.