Es gibt Spiele, die sind so schön, dass bei mir Schnappatmung einsetzt. „Redwood“ gehört dazu: ein großer, kreisrunder Spielplan. Tierplättchen, die so in Vertiefungen einrasten, dass sie nicht verrutschen. Aufwändig als Fotografen gestaltete Spielfiguren. Alles an „Redwood“ schreit mich an: „Spiel mich!“ Vielleicht ist deshalb danach die Ernüchterung umso größer.
Thematisch sollen wir als Fotografen Tiere und Pflanzen in einer wilden Landschaft dokumentieren. Je mehr wir auf unseren Schnappschüssen haben, desto mehr Punkte bekommen wir. Nur fünfmal im Spiel bewegen wir unsere Figur über den Plan, richten sie auf Motive aus und drücken ab. Es geht darum, einzuschätzen, wo man die beste Perspektive auf wertvolle Inhalte bekommt.
Dieses Abschätzen ist eine ungewöhnliche Spielidee, die anzieht. Nahezu jeder, der dieses hübsche Spiel sieht, will wissen, wie genau es geht. Wir laufen durch die Gegend, aber nur dorthin, wohin es die bräunliche Bewegungsschablonen zulassen. Damit nichts verrutscht, klicken wir sie in unsere Figur ein und am Ende der Schablone in unsere zweite Figur.
Am neuen Ort schauen wir uns um. In welche Richtung und mit welchem Winkel fotografieren wir? Dazu brauchen wir die grauen Schablonen. Alles, was wir damit komplett überdecken, zählt. Und wenn wir Zusatzaufgaben berücksichtigen – jede Runde gibt es eine mehr – umso besser. Allerdings dürfen wir nicht über Tiere oder durch gegnerische Figuren ziehen. Wir sollten unseren Zug also vorher gut abschätzen.
Das ist anfangs sehr reizvoll. Wie bekomme ich das ohne Ausprobieren hin? Klappt es, ist alles gut. Wer das nicht im Griff hat, ist schnell frustriert: Ein Foto mit halb leerer Landschaft macht keine Freude. Aber auch die Erfolgreichen wundern sich. Nach drei Runden haben wir „Redwood“ spätestens verstanden. Dass fotografierte Tiere umziehen, reicht nicht als Abwechslung, erfahrenere Spieler werden dann unruhig. Kommt da noch etwas Neues? Nein, so gut wie nicht. Dafür werden uns die Wartezeiten lang, wenn die anderen murmelnd herumtüfteln. Viele wollten die Partie dann bereits abbrechen.
„Redwood“ mutet an wie eine Geschicklichkeitsaufgabe: Hat man die einmal gelöst, ist der Reiz meist vorbei. Das kann die tolle Optik nicht retten, die „Redwood“ so teuer macht. Und wenn man es recht überlegt: Auch die Kunststoffschablonen und -figuren irritieren in dem thematisch komplett auf Natur getrimmten Spiel. Schön allein reicht eben nicht.
„Redwood“ von Christoph Raimbault (Sit Down); für 1-4 Spieler ab 10 Jahren, ca. 45 Minuten, ca. 80 Euro.
bescheiden Familienspiel
Besprechung mit Rezensionsmuster
„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.