Ich habe Mitspieler, die bereits reflexhaft anfangen zu jaulen, wenn in einem Spiel abwischbare Stifte beiliegen. „Unhygienisch, wie sehen meine Finger aus, das verwischt doch alles!“ Also lade ich nur nervenstarke Probanden ein, mit dem Schiff in See zu stechen. Unser Ziel sind „Neue Ufer“.
In diesem Familienspiel erhält jeder einen großen Inselplan sowie zwei Entdeckungskärtchen. Die geben an, welche aneinanderhängenden Farbfelder wir auf unserem Inselplan ankreuzen dürfen. Erreichen wir dabei besondere Symbole, gibt es Schriftrollen, also Punkte. Originell ist: Wir können die Insel wieder verlassen und einen neuen Inselplan nehmen, wenn wir das zweite Segelschiff ankreuzen.
Das will wohl überlegt sein: Denn häufig gibt es auf den Inseln besonders viele Schriftrollen, wenn man mehrere Aufgaben erfüllt. Was also tun? Am besten, man hat Glück: Denn wir können immer nur eine von den Optionen auf unseren beiden Entdeckungskarten nutzen. Die streichen wir dann mit dem abwischbaren Stift aus und geben sie an den linken Nachbarn weiter. Von rechts kommt neues Material. Werden wir es brauchen?
Wer glaubt, unser Nachbar studiere vorher unseren Plan, um uns möglichst viel Grütze rüberzureichen, überschätzt „Neue Ufer“. Meist sucht man unter zwei Möglichkeiten einfach nur die für sich bessere aus. Was nicht einfach ist, weil die Symbole auf den Karten so klein geraten sind, dass man bei einer neuen Karte nicht weiß, wo oben und unten ist. Außerdem – jetzt also doch – verschmiert beim Weitergeben alles auf den Karten.

Es dauert keine fünf Minuten, da sind die ersten von diesem Spiel genervt. Außerdem entscheiden sich manche schnell, andere langsam. Wenn die Schnellen mehrere Stapel an abgearbeiteten Karten vor ihrem linken Nachbarn erzeugen, entsteht nicht nur Langeweile. Bald ist so auch unklar, wer sich eigentlich in welcher Runde befindet, was wesentlich für das Spielende ist.
Dazu kommt noch eine nicht ganz wasserdichte Anleitung, die an einigen Stellen eher Fragen aufwirft als beantwortet. Meist kann man für ein Symbol auf einer Erkundungskarte ein beliebiges auf dem Plan ankreuzen. Der Sinn erschließt sich nicht. In der Summe bastelt also bald jeder vor sich hin, wartet auf Karten vom Nachbarn, tauscht volle Karten aus und beschmiert Karten und Finger. Das mag solitär noch nett sein, in größerer Runde ist aber jeder nur mit sich selbst beschäftigt. Neue Ufer sind hier nicht in Sicht.
„Neue Ufer“ von Joachim Thôme (Huch!); für 1-5 Spieler ab 8 Jahren, ca. 25 Minuten, ca. 22 Euro.
geht so
Familienspiel
Besprechung mit Rezensionsmuster
„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.
Vor allem die unterschiedliche Spielgeschwindigkeit der Mitspieler und die daraus entstehende Stausituation „crashen“ das Spiel.