„Musst Du spielen!”, heißt es momentan überall, auch schon, bevor die Jury Spiel des Jahres „Krakel Orakel“ für den Hauptpreis nominiert hatte. Dies sei ein Malspiel, bei dem man nicht malen können muss, werben Enthusiasten. Bei mir schrillen da gleich die Alarmglocken! Ich kann nicht malen, und ich habe mich bei jedem neuen Spiel und Versuch bislang ziemlich mies gefühlt. Leider verstärkt „Krakel Orakel“ das auch noch.
Jeder bekommt ein abwischbares Tableau mit einem Wirrwarr an gepunkteten Linien darauf. Nur auf diesen darf mit einem Stift gezeichnet werden. Alle bekommen geheim ein Wort zugelost, dann hat man zwei Minuten Zeit. Eine Sanduhr im Spiel fehlt. Es gilt, den erhaltenen Begriff durch Linien oder einzelne Striche im vorgegebenen Bereich so anzudeuten, dass die anderen ihn nachher identifizieren können.
Sind alle fertig, legen wir unsere Kunstwerke hin. Mit dem Stift darunter, weil man bei manchem Gekrakel – insbesondere meinem – nicht weiß, wo oben und unten ist. Alle Begriffskarten werden vedeckt gemischt, die gleiche Anzahl weiterer Karten dazugegeben. Nach dem Aufdecken muss reihum jeder eine Karte entfernen, von der er nicht glaubt, dass eine der Tafeln diesen Begriff zeigt. Gelingt dies allen, ist die Runde fehlerfrei. Übersteht man so vier Runden mit höchstens so vielen Fehlern wie Teilnehmern, haben alle gemeinsam gewonnen.
Ich gebe zu: Es ist erstaunlich, wie oft über das Ausschlussprinzip erraten werden kann, was da entstanden ist. So manches Gekrakel ergibt plötzlich Sinn. Sortiert aber jemand eine richtige Karte als falsch aus, gibt es nachher Diskussionen. Meist geschieht dies, wenn jemand nicht erkennt, was auf den Tafeln ist oder sich unter dem Begriff etwas anderes vorstellt.

Das passiert mir regelmäßig. Und es macht kein gutes Gefühl, weil man der Gruppe damit immer wieder einen Minuspunkt beschert. Mehr noch: Das Unwohlsein beim Zeichnen ist für mich bei „Krakel Orakel“ besonders ausgeprägt. Ich kann nicht zeichnen, ich bin auch keine Sehender. Ich kann minutenlang auf die Tableaus starren, nichts passt in meinem Kopf zusammen. Manchmal ist es wirklich zum Schämen, was man da ablegt, wenn man die Kunstwerke der anderen bestaunt.
Ich erkenne an, dass Menschen Spaß an diesem Spiel haben, denn ich habe diese Runden selbst immer wieder erlebt. Ich persönlich komme nur in der Ratephase einigermaßen klar, wenn jemand so schlau ist, einen vielleicht sehr ähnlichen Begriff zu seinem Bild auszusortieren, damit man nicht auf eine Tretmine läuft. Doch beim Zeichnen lasse ich hier alle Hoffnung fahren. Die Hilfslinien bei „Krakel Orakel“ verwirren mich mehr als ein weißes Blatt.
Und die Belehrungen der anderen, was man wo sieht und dass das alles doch ganz einfach ist, sorgen noch mehr dafür, dass ich lieber gar nicht erst mitspielen möchte.
„Krakel Orakel“ von 7 Bazis (TOPP); für 2-8 Spieler ab 10 Jahren, ca. 30 Minuten, ca. 26 Euro.
geht so
Familienspiel
Besprechung mit Kaufexemplar
„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.
Ich zeichne/male gerne und habe mit der Ausführung weniger Probleme. Aber auch ich würde dem Orakel maximal 4 von 6 geben.
Denn am Ende ist es doch wieder nur ein mild spannendes weiteres Assoziationsspiel, bei dem wir gezwungen werden, Dinge mit limitierten Mittel darzustellen (siehe zB „Wat’n Dat?“
Meine Empfehlung: eines der besten Spiele um sich über die eigene Malinkompetenz zu beömmeln ist und bleibt „Stille Post Extrem„. Ein Hit bei uns auf jeder Familienfeier. Endlich ein Malspiel, wo der Spaß steigt, je schlechter die Kunstwerke sind.