Nein, wir hatten keineswegs genug: Also haben wir uns auch in „Point of View – Spooky Festival“ gestürzt, das zweite Spiel der kooperativen Rätselreihe, bei dem alle einen anderen Blick auf einen Ort haben. Das hatte uns schon beim Debüt mit „Lost Places“ gut gefallen. Ließ sich das noch einmal steigern?
Nach den ersten beiden von vier Kapiteln ein klares Ja: Wir sind als Polizei auf einem Innenstadt-Jahrmarkt unterwegs. Der befindet sich auf einem abbruchreifen Gelände, und nicht nur die Gebäude und Buden sehen seltsam aus. In dem Menschengewimmel sollen wir eine Geschichte entdecken. Sets mit je 40 Karten führen uns durch eine Runde.
Meist erzählt eine Karte etwas, das man sich auch per App vorlesen lassen kann – die nächste stellt dazu eine Frage. Wie spät ist es? Zu einfach? Keineswegs! Denn jeder von uns schaut von einer anderen Himmelsrichtung auf die Szenerie, und dauernd stehen uns dabei Gebäude, Fahrgeschäfte oder anderes im Blickfeld. Das Drumherum um den Festplatz sehen wir meist nur von gegenüber.
Die Story ist dünn: Eine merkwürdige Schaustellerfamilie betreibt zu Halloween diesen Park. Und alle Mitglieder tricksen sich durchs Leben. Auf dem Markt benehmen sich Besucher daneben, plötzlich wird sehr vielen gleichzeitig schlecht. Und was machen da für seltsame Leute Nebengeschäfte? Das alles sollen wir aufklären, indem wir auf unsere Sichtschirme schauen und sehr viel mit einander kommunizieren, den anderen beschreiben, was wir bei uns sehen.

Nach einer Runde geben wir die Sichtschirme mit den Wimmelbildern im Uhrzeigersinn weiter. So bekommen wir nach und nach ein komplettes Bild. Diese Grundidee ist weiterhin sehr gelungen. Bis zur Hälfte ist „Spooky Festival“ besser als sein Vorgänger, spielt sich flotter. Oder sind wir nur besser geworden, weil wir mehr Erfahrung haben? Es gibt hier interessante Rätselaufgaben. Leider setzt sich dies in der zweiten Hälfte so nicht fort.
Die Story wird immer abgedrehter, manche Dinge sind kaum nachzuvollziehen. So wird das Lösen der Rätsel immer schwieriger. Obwohl wir alle Kapitel mit besten Bewertung abgeschlossen haben: Ein paar Mal haben wir uns angeschaut und gesagt: „Darauf wären wir nie gekommen.“ Außerdem muss nun leider wieder öfter abgezählt werden, wie viele Dinge von etwas zu sehen sind – zum Glück ist diese Aufgabe inhaltlich etwas überarbeitet und verbessert worden. Am Ende waren wir dann allerdings froh, als wir mit „Spooky Festival“ fertg waren. Das von der Spielgeschichte beabsichtigte große Finale entpuppte sich erzählerisch als seltsam. So blieb der gute Eindruck der ersten beiden Runden nicht hängen.

Dennoch ist „Point of View“ weiterhin ein attraktives Spielkonzept. „Spooky Festival“ ist noch einmal ein Stück schwieriger als sein Vorgänger. Pro Kapitel spielt man mindestens 60 Minuten, wer intensiv schaut und kommuniziert, auch bis zu zwei Stunden. Ich finde es daher gut, dass für den Herbst günstigere Stories mit weniger Kapiteln angekündigt sind, die man auch an einem Abend komplett durchzocken kann. Darauf habe ich bei „Point of View“ weiterhin große Lust.
„Point of View: Spooky Festival“ von Lukas Bleuel (Haba); für 2-4 Spieler ab 12 Jahren, ca. 60-120 Minuten, ca. 25 Euro.
nett
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„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.

