Die meisten Brettspiele kann man höchstens zu viert zocken. Können auch mal fünf mitmachen, funktioniert das meist nur knirschend, weil das Material aus- oder die Spieldauer durch die Decke geht. Wenn also das Kennerspiel „Obscurians“ für die ungewöhnliche Teilnehmerzahl „4 bis 6“ ausgelegt ist, wird man sich darüber wohl Gedanken gemacht haben, oder?
Wir sind Händler auf einem Wüstenplaneten und versuchen, Reibach zu machen. Wir haben eigene Waren im Angebot und versuchen, sie mit anderen zu tauschen. Oder sie uns einfach zu nehmen. Manchmal verschenken wir sie auch. Das ist sehr ungewöhnlich und liegt daran, dass jeder vor Beginn eine geheime Aufgabe bekommt. Und je besser man die erfüllt, umso mehr Punkte gibt es.
Alle starten mit zehn Waren der eigenen Farbe. Rafft jemand, was er kann oder aber gibt ein anderer auffällig viel ab und sammelt kaum, ahnen wir, was ihr Ziel sein kann. Hier kommt die zweite Ebene ins Spiel: Wir können vor unserem Zug tippen, wer welche Rolle hat. Das machen wir offen, indem wir eine Tippscheibe vor einem Mitspieler ablegen. Das kann auch unsere eigene sein. Bluffen ist ausdrücklich erwünscht.

Wer bei einem Spieler unter den ersten drei richtigen Tippern ist, bekommt ebenfalls Punkte. Wer alle Mitspieler richtig tippt, erhält ebenso einen Bonus, wie der, der von niemandem erkannt wird. Eine Partie geht über mindestens vier und höchstens sechs Runden. Wer sich zu früh offenbart, wird von den Mitspielern zerlegt. Allerdings kann das Ende sehr überraschend kommen. Im kleinen Stapel mit den Ereignissen für jede Runde lauert ein Sandsturm, der die Partie sofort beendet. Nicht alle mögen dieses plötzliche Aus. Bis dahin sollten wir also unseren Job erledigt haben.
Dazu müssen auch noch die Würfel mitspielen. Deren fünf werfen wir und die Symbole darauf erlauben uns unsere Aktionen. Aber nur eine davon dürfen wir wählen und so häufig ausführen, wie sie sich zeigt. Also Waren klauen, verschenken, tauschen. Oder auch Mitspieler untereinander tauschen lassen. „Obscurians“ ist turbulent. Weshalb es manchmal lohnt, die eigene Auslage für solch ein Gefummel der Nachbarn zu sperren.

Eine wichtige Funktion hat die Startspielerrolle. Sie kann wechseln, und wer hinten sitzt, hat vor allem zum Spielende gewaltige Vorteile. Deshalb waren meine Runden mit der Mechanik sehr unglücklich. Nimmt der Falsche am Tisch die Wunderlampe mit dem Startrecht, kann sich alles zerlegen. Entscheidend ist, wie man „Obscurians“ spielt: Als Tüftel- und Deduktionsspiel, dann kann der Glücksanteil nerven. Oder als Partyspiel, dann ist die Regelmenge höher als erwartet. Es liegt wohl an dieser Zwitterhaftigkeit, warum ich mit dem Spiel nicht warm werde. Und daran, dass es besser wird, je mehr mitmachen. Weil es dadurch noch länger dauert.
„Obscurians“ von Rocky Bogdanski & Kai Wetzel (Funtails); für 4-6 Spieler ab 12 Jahren, ca. 30-60 Minuten, ca. 30 Euro.
geht so
Kennerspiel
Besprechung mit Rezensionsmuster
„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.