In den 1990er und 2000er Jahren hatte der Kleinverlag Adlung-Spiele seine große Zeit. In den Minischachteln mit 66 Karten steckten komplette Kinderspiele, Tempospiele und Strategisches für Erfahrene. Angesichts der Neuheit „Atua“ von Schmidt frage ich mich, was Adlung wohl daraus gemacht hätte. Denn die Spielidee ist zwar toll – nur sie funktioniert so nicht allzu gut.
Dabei wäre in dem um ein Vielfaches größeren Karton Platz gewesen, neben den 58 Inselkarten und weiterem Bonusmaterial auch etwas mehr redaktionelle Sorgfalt unterzubringen. So sieht man anfangs begeistert zu, wie die Inseln der Spieler quasi ohne Beschränkungen wild auf dem Tisch wachsen. Und wie sie versuchen, sechs verschiedene Wertungen binnen drei Runden für sich auszulösen.
Wir starten mit einem Dorf, an das wir weitere Inselkarten legen, die wir aus der Mitte nehmen. Verschmähen wir die nächste, müssen wir Kokosnüsse zahlen. Dann legen wir an, und immer eines der Symbole auf einer unserer Karten muss überdeckt werden. Das geht kreuz und quer, über- und untereinander. Und sieht schön aus. Das macht Spaß.
Nach einigen Zügen taucht das erste Problem auf: Die Karten verrutschen. Dauernd stoßen wir an, alles verschiebt sich. Plötzlich sind Symbole nicht abgedeckt, Strandkarten nicht aneinander. Wir schlagen in der Regel nach. Die ist zwar lang, aber unpräzise. Strandabschnitte sollen zusammenhängen, die ungeschickt gewählten Beispiele in Bild und Text passen aber nicht zusammen. Unklar bleibt deshalb, ob man mehrere Strände an seiner Insel haben darf. Und: Darf ein Strand „abknicken“? Diese Frage tritt bei uns jedes Mal auf – warum nicht beim Regelschreiben?

Man wird das Gefühl nicht los, dass stattdessen an das als Familienspiel bezeichnete „Atua“ immer noch eine Idee mehr angenäht wurde: Schicksalsplättchen, die wir kaufen, Bewohnerplättchen, die wir ausspielen. Für Fortgeschrittene ist das reizvoll. Warum aber „ab acht Jahre“ auf der Packung steht, ist mir unerklärlich. Zu fünft oder sechst wird die Wartezeit zudem recht lang.

Das ist schade. Denn das Legen macht Freude, die Grafik ist hübsch, die Idee ist schön. Der Kniff mit den sechs Wertungen ist ausreichend. Das gepaart mit vernünftigem Material und einer wasserdichten Anleitung – es gibt immer Streit, wie man mit dem Vulkanlineal den Abstand zum eigenen Dorf misst – hätte „Atua“ zu einem der schönsten Spiele der Saison machen können. Doch so wurde hier Potenzial verschenkt.
„Atua“ von Scott Almes (Schmidt); für 1-6 Spieler ab 8 Jahren, ca. 30 Minuten, ca. 27 Euro.
geht so
Familienspiel
Besprechung mit Rezensionsmuster
„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.