Wüste Keilerei
- Für die Krone

Das sieht doch nett aus: Im flachen Karton des hübsch gestalteten Familienspiels „Für die Krone“ befinden sich sieben feste, aufklappbare Schachteln mit dem Spielmaterial. Fünf davon sind für die Mitspieler, jeder erhält eine Kiste mit zehn Rubinen und einem Familienerbstück. Damit sollen wir uns bei Hof durchsetzen. Man ahnt: Es geht um Verrat! Und deshalb ist dieses Spiel alles andere als nett.

Die fünf Unterstützer, die wir während der nur vier Spielrunden anwerben werden, liegen nach Einfluss gestaffelt aus. Je stärker sie sind, umso mehr kosten sie. Sie alle sind tierische Charaktere, gelungen gezeichnet. Nach ihrem Kauf stecken wir die Karte in eine „Sleeve“ genannte Hülle. Die kennzeichnet so die Karte auf der Vorderseite als die unsere.

Dann wandert sie in einen gemeinsamen Kartenstapel. Hier sind alle Rückseiten gleich. In jeder Runde wird neu gemischt und nacheinander aufgedeckt. Der Zufall bestimmt so, wer als nächstes an die Reihe kommt und Gold oder Rubine erhält. Mindestens genauso häufig aber bestimmt man aber andere, die etwas verlieren. In der Ahnengalerie steigen wir mit unserem Familienporträt auf und verdrängen Mitbewerber. Sinken die im Ansehen tief genug, kostet sie das vielleicht weitere Rubine.

Bald schon ist klar: Dieses scheinbar nette Spielchen ist eine wüste Keilerei. Ist das Geld alle, zahlen wir mit Rubinen. Gehen uns die aus, versilbern wir das Familienerbstück für zehn weitere Rubine. Jetzt könnten die anderen aufhören, auf uns einzuprügeln. Sie können aber auch weiter machen. Das Spiel endet vorzeitig, wenn jemand komplett pleite ist. Es gewinnt der mit dem größten Vermögen.

Die Ausstattung, die gesleevten Karten, die Optik: All das macht „Für die Krone“ originell und anziehend. Jeder, der es sieht, möchte mitspielen. Nach ein, zwei Partien ist aber klar, dass dies nichts für jeden ist. Da werden Verluste unmittelbar gerächt und vergolten, egal, wer der Führende ist. Da verbünden sich Menschen am Tisch, andere versuchen, durch lautes Wehklagen von weiteren Bestrafungen verschont zu bleiben. Man kann das mögen.

Ich mag das nicht. Das Getöse drumherum überdeckt die eigentliche Spielidee. Wenn es einigen am Tisch egal ist, wer gewinnt, Hauptsache jemand anderes verliert, habe ich keinen Spaß mehr. Natürlich, man kann das zur Triebabfuhr nutzen. Doch die Partien, in denen alle versuchen zu erspüren, wen man wirklich rupfen sollte, um am Ende doch noch vorn zu liegen, kann ich an einer Hand abzählen. So bleibt neben dem hübschen Material nur das Gefühl, an einem wilden Hauen und Stechen ohne allzu großem spielerischen Plan teilgenommen zu haben. Schade.

„Für die Krone“ von Maxime Rambourg (Repos); für 3-5 Spieler ab 8 Jahren, ca. 30 Minuten, ca. 35 Euro.

geht so           Familienspiel

Besprechung mit Rezensionsmuster

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert