Das grandiose „6 nimmt!“ gehört sicherlich zu den Spielen, die ich am häufigsten gespielt habe. Minimale Regeln, Spannung, Schadenfreude, kurze Dauer – einfach perfekt. Über 30 Jahre ist der Klassiker alt. Jetzt probiert es der Verlag Amigo mal wieder mit einem neuen Produkt: „6 nimmt! Baron Oxx“.
Im Karton sind diesmal Karten mit den Zahlen von 1-110. Statt vier werden fünf Startkarten für jeweils eine Kartenreihe untereinander ausgelegt. Alle spielen zugleich verdeckt eine Zahlenkarte aus und decken sie auf. Die jeweils niedrigste wird in der Mitte angelegt, bis alle Karten in den Reihen untergebracht sind. Wie bei „6 nimmt!“ üblich, bekommt man alle Karten der Reihe, wenn man die sechste Karte anlegt. Und das ist schlecht, denn für jede Karte gibt es Minuspunkte.
Soweit so bekannt. Anders als sonst haben wir aber nur vier Karten auf der Hand, die wir nacheinander ausspielen. Erst dann bekommen wir vier neue. Wir kennen also nicht unsere komplette Hand für die Runde. Außerdem kommt jetzt kommt Farbe ins Spiel: Die Karten zeigen bis zu drei Hornochsen in sechs verschiedenen Farben. Die sind für das Anlegen wichtig: Es werden nicht mehr Zahlen passend aneinander gereiht, sondern eine Karte mit einem gelben Hornochsen kann ich nur an eine Reihe anlegen, deren letzte Karte ebenfalls einen gelben Hornochsen zeigt. „6 nimmt!“-Profis müssen auch hier ein wenig umdenken.
Viele Karten mit drei Hornochsen haben drei Farben, danach passt also vieles. Einige zeigen aber nur eine Farbe und schränken so die Anlegemöglichkeit ein. Wer seine Handkarte nicht anlegen kann, weil ihre Farben nicht frei sind, muss eine komplette Reihe nehmen und seine Karte an deren Stelle legen. Das kann ganz schön teuer werden, ist von der Abrechnung aber wieder recht ähnlich wie beim Ur-„6 nimmt!“.

Und dann gibt es noch Baron Oxx persönlich, eine Karte, die alle sechs Farben zeigt, die also immer passt und im Anschluss alles zulässt. Es offenbart sich aber ein neues Problem: Nicht nur die sechste Karte in einer Reihe löst eine Wertung aus, sondern auch, wenn sechs oder mehr Hornochsen einer Farbe in einer Reihe liegen. Und so wird aus dem entspannten Anlegen dann doch Stress, wenn der sicher geglaubte Platz plötzlich verbaut wird oder verschwindet.
Hier sind noch mehr Unwägbarkeiten im Spiel als im vergleichsweise linearen „6 nimmt!“. Die Frage ist, ob das nötig ist. Für Menschen, die sich an „6 nimmt!“ satt gespielt haben, ist „Baron Oxx“ sicher ein Anreiz, es wieder einmal zu versuchen. Alle anderen werden feststellen, wie gut und schnörkellos die Ursprungsidee ist, und dass es diese Variante nicht zwingend gebraucht hätte. „6 nimmt! Baron Oxx“ ist nicht besser, nur anders. Aber das sagt ein eingefleischter „6 nimmt!“-Fan. Der, wenn keiner mit ihm spielt, auch nach über 30 Jahren gerne zwischendurch mal mit der App solo gegen vier andere Hornochsen zockt.
„6 nimmt! Baron Oxx“ von Wolfgang Kramer & Michael Kiesling (Amigo); für 2-10 Spieler ab 8 Jahren, ca. 30 Minuten, ca. 9 Euro.
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„Ducksch spielt“, ein Blog von Stefan Ducksch mit wöchentlichen Kritiken/Rezensionen zu Brettspielen und Kartenspielen. Ich schreibe über Kinderspiele, Erwachsenenspiele, Familienspiele, Kennerspiele, Könnerspiele und Expertenspiele. Alle Texte und Bilder (c) Stefan Ducksch 2024.